Es ist ein lauer Sommerabend und der Simmerner Fruchtmarkt ist gut besucht. Am zweiten Abend der HEIMAT EUROPA Filmfestspiele ist ein ganz besonderer Gast da: Der Schriftsteller und Kolumnist Wladimir Kaminer.
Er trägt einen hellblauen Anzug und blickt neugierig über den Platz. In einer halben Stunde beginnt seine Lesung, die viel mehr eine Mischung aus freien Erzählungen und humoristischen Texten, Anekdoten und Publikumsgesprächen sein wird. Ein wenig Zeit, um ihm noch ein paar Fragen zu stellen.
Mareike Rabea Knevels: „Lieber Herr Kaminer waren Sie schon einmal hier in der Gegend?“
Wladimir Kaminer: „In der Tat, ich war schon oft in der Gegend. Das Thema ‘Ostwind’ begleitet mich schon eine ganze Weile. Es gehört ja zu dem diesjährigen Kultursommer in Rheinland-Pfalz. Die Namensgeber haben sich leichtsinniger Weise für den Namen entschieden. Aber die konnten damals ja nicht ahnen, wie schlecht der Ostwind riechen würde.“
MRK: „Nach was riecht der Ostwind, Herr Kaminer?“
WK: „Der riecht nach Blut und Schießpulver. Und ich glaube, ich bin der letzte ansprechbare Russe. Viele Russen wollten nicht zu den Veranstaltungen kommen. Daher werde ich nun überall eingeladen. Und so war ich in kurzer Zeit in Herxheim, Landau, Speyer und bin jetzt in Simmern.“
MRK: „Stichwort ‚Heimat’, woran denken Sie, wenn Sie den Begriff hören? Was ist Ihre Heimat?“
WK: „Heimat ist der Ort, an dem ich sozialisiert wurde. Aber auch der Ort, an dem ich jetzt lebe. Heimat ist aber auch ein geografisches Dazwischen.“
MRK: „Sie schreiben in Ihrem Blog über die Zukunftsangst als Volkskrankheit der Deutschen – meinen Sie, die Deutschen könnten etwas dagegen tun?“
WK: „In dem Beitrag geht es ja auch um die Versicherungsvertreter. Wahrscheinlich ist die Zukunftsangst ein überdrehtes Spiel mit dem Kapitalismus, sodass die Deutschen Versicherungen vor jeder Gefahr haben.
In jeder Sekunde kann allerdings alles passieren, das darf man auch als Herausforderung annehmen. Das heißt jetzt aber nicht, dass alle ihre Versicherungen gleich wegwerfen sollen.“ (lacht.)
MRK: „Vielen Dank Herr Kaminer und einen schönen Abend in Simmern.“
Wladimir Kaminer wird danach fast zwei Stunden auf der Bühne stehen und sein Publikum mal zum Lachen, mal zum Sinnieren bringen. Er erzählt viel von seinen Kindern, seiner Frau und seiner Mutter sowue seiner Rolle als Vermittler zwischen den verschiedenen Generationen.
Im Anschluss ist der Film GOODBYE SOVIET UNION von Lauri Randla zu sehen.