Eröffnung – Ostwind, Farbfilm und Freibad

von Mareike Rabea Knevels

Eine leichte Brise weht über den Simmerner Fruchtmarkt. Stuhlreihen wachsen wie Dominosteine auf dem Kopfsteinpflaster und der Bass dröhnt aus dem Verstärker. „Soundcheck“, entgegnet Tontechniker Jan achselzuckend, als man sich über die Lautstärke wundert.

In einer Stunde beginnen die vierten HEIMAT EUROPA Filmfestspiele. Diesmal widmen sie sich filmisch und thematisch dem Osten. Und so lautet der Titel – angelehnt ans Motto des Kultursommers Rheinland-Pfalz – „Ostwind“.
Dass der Fokus auf den Osten, viel mehr Osteuropa, dieses Jahr eine ganz andere Tragweite haben sollte, hätte niemand ahnen können, als man sich die vier Himmelsrichtungen als jährliche Schwerpunkte überlegte.

Osten nun also. Osten das heißt hier filmisch Bulgarien, Estland, Georgien, Litauen, Kosovo, Slowenien und Ukraine. Aber auch die DDR.
Auf der Bühne wird später noch die Mainzer Band Jammin’ Cool stehen, deren Cellistin Mara selbst eine „echte Ostdeutsche“ ist, wie sie Frontsänger Heiko vorstellt. Passend zu Nina Hagens „Farbfilm“ erzählt Cellistin Mara dann, dass es in ihrer Jugend nur Schwarz-Weiß Filme gab, während die bei gleichaltrigen Westdeutschen eben schon in Farbe waren.

Freilichtkino

Es ist 18.33 Uhr. Drei Minuten nach Einlassbeginn und der Platz zwischen Pro-Winzkino und Stephanskirche ist schon zur Hälfte gefüllt. Manch eine:r hat eine Decke oder ein Kissen dabei. Freilichtkino im Hunsrück – da kann es auch mal kälter werden und so sorgt das erfahrene Publikum vor.

Eröffnet werden die HEIMAT EUROPA Filmfestspiele dann von Stadtbürgermeister Dr. Andreas Nikolay, vom Kulturschaffenden und Pro-Winzkino-Mitglied Wolfgang Stemann, vom Kurator Lukas M. Dominik und von Kulturstaatssekretär Dr. Jürgen Hardeck.
Ihren Reden gemein ist die Wichtigkeit eines kulturellen Lebens, welches Orte der Begegnung schafft. Es ist ein Leben, das wiederum ohne Frieden und Freiheit kaum bis gar nicht möglich ist.
Die Kirchenglocke schlägt wie abgesprochen und zwei Tauben fliegen über den Platz. Ganz passend zu den Worten der Referenten weht die leichte Brise wieder über den Fruchtmarkt. Ob es Ostwind ist, bleibt in dem Moment offen, dass Frieden, Freiheit und auch Kultur essentiell sind hingegen nicht: Sie sind das Fundament unserer Gesellschaft.

Der Farbfilm

Wenig später singt Heiko von Jammin’ Cool dann Nina Hagens Ost-Hit, während das Publikum begeistert mitwippt:

„Du hast den Farbfilm vergessen, mein Michael
Nun glaubt uns kein Mensch, wie schön’s hier war, haha, haha
Du hast den Farbfilm vergessen bei meiner Seel
Alles blau und weiß und grün und später nicht mehr wahr“

Es sind Narrative, Bilder und Erzählungen über Osten und Westen, denen sich 21 Tage HEIMAT EUROPA Filmfestspiele annähern, sie neu beleuchten und dem Publikum näher bringen.